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Kynosarges 2528

Heute ist Donnerstag, 23. Oktober. Mit meinem Kind bin ich seit gestern Nacht bei meiner Mutter. Seit Montag war ich mit meinem Kind im Elsass bei meinem Boot. Abends kamen wir mit meinem voll beladenen Auto dort an, holten etwas Leckeres zu essen, übernachteten auf dem Boot und überlegten, angesichts der Sperrung des Schiffshebewerks, ob wir das Boot überhaupt in Bewegung setzen oder besser den guten Hafenplatz behalten sollten. Bis zum Schiffshebewerk gab es noch einen weiteren kleinen Hafen, Lutzelbourg, aber weil wir nirgendwo herausfinden konnten, ob jener überhaupt noch einen Platz frei hat, denn wir nahmen an, dass wegen der Sperrung viele andere Boote dort warteten. Wir fuhren mit dem Auto zu jenem Hafen und fanden heraus, dass er zahlreiche freie Plätze hatte. Also entschieden wir kurzerhand uns aus dem vorigen Hafen abzumelden, in dem mein Boot für inzwischen über sechs Wochen stand und einiges Herbstlaub eingesammelt hatte, und fuhren über neun Schleusen bis abends in den anderen Hafen. Außerdem hörten wir, dass es eine gewisse Chance gäbe, dass Mittwoch das Schiffshebewerk wieder geöffnet werden könnte, denn es gab dort Motorprobleme, die inzwischen behoben worden seien. In Lutzelbourg verbrachten wir auch eine Nacht, weiterhin mit der Vorstellung, dass mein Boot dann dort den Winter würde verbringen müssen. Am nächsten Vormittag wollte ich herausfinden, wie der Status des Schiffshebewerks sei, und rief verschiedene Telefonnummern an, konnte aber niemanden erreichen. Auf gut Glück gingen wir zum Rathaus von Lutzelbourg und fragten dort nach, da wurde uns mitgeteilt, dass das Schiffshebewerk soeben, 11:30 Uhr, wieder in Betrieb genommen und geöffnet worden sei. Mit einem kleinen Freudensprung eilten wir zum Boot zurück und machten uns auf den Weg. Vier weitere Schleusen waren es noch, dann, 13:20 Uhr, waren wir die ersten, die damit nach oben fuhren und 17 Schleusen umgingen, die durch dieses Schiffshebewerk ersetzt wurden. Etwas weiter auf dem oberen Kanal kamen zwei Tunnel, von denen der erste 2307m lang war, der zweite unmittelbar danach immerhin noch etwa 600m. Zunächst planten wir, nach den Tunnels die nächstmögliche Anlegestelle zu nutzen, um das Boot dort zu lassen, außerdem regnete es inzwischen, aber dann stellten wir fest, dass es von diesem Ort, Niderviller, keine vernünftige Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Saverne gab, wo mein Auto stand, sondern erst wieder ab Heming, einige Kanalkilometer weiter, und so entschieden wir spontan, trotz Regen mit Schirm noch die etwa zweieinhalb Stunden weiterzufahren, dort das Boot zu lassen und mit einem Bus nach Sarrebourg und von dort mit dem Zug nach Saverne zu fahren. Abends kamen wir dort an und fuhren mit meinem Auto bis in die Nacht zu meiner Mutter. 
Nun möchte ich noch nachholen, was die Tage davor geschah. Ich schloss den letzten Blogeintrag während der zwei Vertretungsschichten auf der Arbeit. Donnerstag letzte Woche war dies vorbei, und auch weiterhin lief alles gut und geschmeidig. Donnerstag hatte ich mir einiges an Programm geplant und ich konnte tatsächlich alles erledigen: Um 12:00 Uhr war das zweite Therapiegespräch, davor hatte ich noch einige Minuten, also holte ich die vorbestellten Bücher für mein Kind ab und nahm sie mit. Das Gespräch verlief gut, ließ mir allerdings einige Fragen offen. Für ADHS weise ich zwar einige, aber nicht genügend Merkmale auf, genauso war es bei PTBS, Depression und auch bei vulnerablem Narzissmus. Der Therapeut riet mit dazu, zum Einen über einen Hausarzt, den ich erst noch finden musste, ein großes Blutbild erstellen zu lassen, um festzustellen, ob mir feinstofflich etwas fehlen würde, wie es ein anthroposophischer Arzt vor fast zwanzig Jahren schon vermutet hatte, und mich ansonsten tiefenpsychologisch auf die Suche zu machen, was er aber nicht leisten könne, auch keine Verhaltenstherapie, die er grundsätzlich auch nicht verkehrt fände anlässlich meiner Wünsche. Dass ich Wohnung und Leben nicht in Ordnung bekäme, meinte er, könne auch ganz simpel daran liegen, dass dies für mich keinen hohen Stellenwert einnimmt, und damit hat er wohl auch zu einem gewissen Grad recht, denn ich halte einige dieser zivilisatorischen Errungenschaften mindestens für unnötig bis hin zu Irrtümern, zB, dass das Versprühen von Chemie mit Sauberkeit assoziiert wird, oder sich selbst mit allen möglichen Mitteln zu behandeln statt der Natur ihre gesunde Entfaltung zu lassen. Zwar möchte ich nach wie vor dennoch gerne Dinge erfolgreich anpacken und zuende bringen können, die ich mir vornehme, ungeachtet dessen, ob sie mir Spaß machen oder nicht, aber in Fragen zivilisatorischer Gewohnheiten bin ich schon recht früh auf andere Wege abgebogen als die Mehrheitsgesellschaft, und vieles davon sehe ich ja durchaus als Gewinn. Nun ja, ich werde dennoch das mit dem Blutbild und der Tiefenpsychologie angehen. Nach dem Therapiegespräch konnte ich die Bücher der Großmutter meines Kindes übergeben und danach mich mit einer Person von Couchsurfing treffen, um mich während einer Stadtführung ausführlich auszutauschen und zu unterhalten, nebst kleinem gemeinsamem Abendessen. Danach war bis zur Essensverteilung noch gerade so viel Zeit, dass ich zum MakerSpace eilen, das Zeichentablett abholen, das Equipment für die Verteilung bei einer Kollegin besorgen und die Verteilung machen konnte. Danach, inzwischen wohl 21:00 Uhr, war ich endlich nach einem langen Tag und zwei Vertretungsschichten zuhause für eine Nacht und bereitete mich am Freitag für die dann kommenden drei Schichten vor. Auch diese verliefen gut, wobei der Freitag insgesamt ein seltsamer Tag war, seltsam im Wetter, seltsam in den Dingen, die passierten, die darin gipfelten, dass am späten Abend der Partner der Klientin ihr beim gemeinsamen Herumalbern dermaßen einen Schlag versetzte, dass sie die Fassung verlor, weinen musste und die Verlobung lösen wollte, insbesondere, weil er, sich zunächst entschuldigend, ein wüstes Streitgespräch vom Zaun brach und ihr die Schuld gab. Samstag war tagsüber davon überschattet, am Nachmittag dann, als er von der Arbeit zurückkam, fand er wohl die richtigen Worte, die Beziehung wieder zu heilen, und am Sonntag machten wir in guter partnerschaftlicher Stimmung einen Ausflug nach Roermond und Venlo. Montag war ich mit inzwischen zehn Schichten fertig, nahm mein Kind in Empfang und packte für diese Herbstferienwoche, u.a. auch mein Cello, das meine jüngste Schwester für ihr eigenes Cellospiel ausleihen wollte. Auf der Fahrt ins Elsass nach Saverne machten meine Tochter und ich einen Zwischenstopp im Umkreis von Mainz, um dort für eine meiner älteren Schwestern eine Nudelmaschine abzuholen, die sie dort online gebraucht erstanden hatte. Dann geht es weiter wie oben beschrieben. 
Was nun noch ansteht: Heute, morgen und übermorgen sind wir noch bei meiner Mutter. Mein Kind möchte unbedingt ins Schwimmbad, ich zögere noch, weil seit gestern auf dem Boot im Regen sich mir eine Erkältung ankündigt. Ansonsten werden wir meine Geschwister sehen, Samstag zurückfahren und auf der Rückfahrt vielleicht bei einem Freund vorbeischauen, Sonntag vormittags eine Physikshow besuchen, dann wird mich mein Kind wieder verlassen. Ich werde dann überlegen, ob ich ab Sonntag wieder zu meinem Boot fahre und mit ihm die Strecke bis Nancy bzw. an Nancy vorbei zu schaffen, damit ich später im November oder sogar Dezember, wenn die Strecke bis Nancy für Renovierungsarbeiten gesperrt wird und die ab Nancy südwärts wieder geöffnet, weiter nach Süden fahren kann, vielleicht bis Dijon und weiter, so dass ich ganz vielleicht im kommenden Frühjahr oder Sommer bereits in Südfrankreich, vielleicht sogar schon in Marseille sein kann. Wie die Dienste im November liegen, weiß ich noch nicht. Steuerrückzahlung ist inzwischen gekommen, das war erfreulich. In puncto Therapie muss ich noch weiter schauen, auch einen Hausarzt finden, mit dem Zeichenbrett werde ich erste Versuche machen, mir die Velo-Proa, den Nomaden-Anzug und auch Einstein mal wieder vornehmen, und dann ist auch bald Weihnachten, das ich einschließlich Silvester mit der Arbeit auf Teneriffa verbringen werde. 
Soweit...

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