Solange man nur in der Vorstellung lebt, klappt alles reibungslos, aber sobald man sich mit der Realität auseinandersetzt, treten Probleme auf, die einen herausfordern, aus der Komfortzone zerren - und das ist vielleicht das Gute daran.
Ich schreibe hier in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli und vieles ist ganz anders als es vor einer Woche aussah:
Letzte Woche Montag beendete ich die Schicht ohne Zwischenfälle, fuhr nach Hause, packte die letzten Notwendigkeiten in mein Auto und fuhr los, den Trailer zu holen. Den bekam ich auch ohne größere Schwierigkeiten und fuhr mit ihm zunächst zum Ingenieur-Freund, wo ich zum Abendessen eingeladen wurde, und danach mit ihm zum Boot, um dort mit ihm zu übernachten und am nächsten Morgen das Boot für den Kran und den Transport vorzubereiten und das Zugfahrzeug zu holen - soweit lief alles nach Plan. Wir hatten Segel, Batterien, Werkzeug etc. aus dem Boot geholt, um sein Gewicht möglichst zu reduzieren.
Wie das Boot am Kran hing, hatte es anstelle der erwarteten 2,8t ein Gewicht von 3,6t und war somit für den Trailer, die Zulassung des Zugfahrzeugs und meinen Führerschein zu schwer.
Mein gesamter Plan löste sich in Luft auf. Der Landwirt, bei dem das Boot vorher stand und der es morgens in den Hafen gebracht hatte, weigerte sich, es zurückzuholen und zwang mich regelrecht dazu, eine Spedition zu finden, wie er es schon lange Zeit vorher empfohlen hatte.
Ich fand auch schnell eine, aber wo an der Donau konnte ich es hinbringen lassen? Mit dem größeren Gewicht war auch der Tiefgang größer, ca. 1,5m, und viele Hafenbecken an der Donau im Raum Regensburg hatten nur 1m bis 1,3m Wassertiefe. Ich kam in Stress, Lösungen finden zu müssen, musste außerdem ja auch Zugfahrzeug, Ingenieur-Freund und Trailer wieder zurückbringen, um rechtzeitig wieder zur Arbeit kommen zu können. Die letzten zwei Fahrstunden in der Nacht zu Mittwoch waren herausfordernd mit Sekundenschlaf, denn schon die Nacht zuvor auf dem Boot hatte ich wenig geschlafen, und so musste ich schließlich alle 30 Minuten einen Parkplatz ansteuern und mich kurz ausruhen.
Ich fuhr zuerst zu mir, parkte mit dem Anhänger auf einem öffentlichen Parkplatz hinter einem Supermarkt, schlief eine weitere Nacht viel zu wenig, gab den Anhänger zurück und kam im Prinzip zu müde bei der Arbeit an, was ich allerdings gut kaschieren konnte, so dass diesbezüglich keine Zwischenfälle auftraten. Lediglich als ich am frühen Abend mit der Klientin und ihrem Hund draußen unterwegs war, kam urplötzlich von der gegenüber liegenden Straßenseite eine Katze herangeschossen und begann wie eine Furie den Hund zu attackieren, so dass ich mit dem Rollstuhl in der einen und dem Hund in der anderen Hand nur noch die Füße hatte, um die Katze von dem Hund abzuwehren, was schließlich gelang auch deswegen, weil eine Besitzerin der Katze hinzueilte und sie packte - zwei weitere Katzen-Besitzer beobachteten die Szenerie ohne auch nur ein bisschen zu helfen.
Nachdem ich in der Hafenfrage an der Donau keine Lösung finden konnte, fragte ich den Landwirt, ob er denn für wenige Tage, bis eine Lösung da wäre, mein Boot wieder zu sich nehmen würde: Nein! - das allein war seine Antwort, die mich zunächst ziemlich hart traf, die aber letztlich dazu führte, das gesamte Boot-Projekt auf den Prüfstand zu stellen:
Eigentlich, eigentlich wollte ich mein Boot ins Mittelmeer bringen, weil ich mir das Mittelmeer klimatisch angenehm vorstelle, wenngleich ich weiß, dass es als Segelrevier nicht zu unterschätzen ist. Der Vorbesitzer hatte den Gedanken, dies über eine interessante Route entlang der Donau durch Osteuropa zu tun, von der ich mich anregen ließ. Doch beides war nicht notwendigerweise untrennbar miteinander verbunden: Osteuropa und die Donau kann ich unabhängig davon besuchen, dass ich mein Boot ins Mittelmeer bringe. Und so dachte ich kurz darüber nach, ob ich es per Spedition ans Mittelmeer bringen lasse, was ich schnell wieder verwarf, oder ob ich mit ihm bis in die Niederlande und über den Atlantik fahren sollte, was ich auch wieder verwarf. Es blieb aber, dass ich das Boot statt zur Donau nun zum Rhein transportieren wollte, dann mit einer Fahrt über die französischen Kanäle und Flüsse. Mein bisheriger Spediteur bot an, das mitzumachen, hatte aber nur ein kleines Zeitfenster dafür, das sich Montag früh schloss. Ich fand eine neue Spedition, auch einen Rheinhafen, und kommenden Donnerstag geht die nun ganz andere Reise los.
Was geschah aber zwischenzeitlich mit meinem Kind? Wie ausgemacht kam es vergangenen Donnerstag zu mir, wir verbrachten schöne Tage damit, dass wir kreativ eigene Nudeln machten, Spiele spielten, am Strand viel Zeit verbrachten, alkoholfreie Cocktails machten, äthiopisch essen gingen, einen Ausflug ins Ahrtal zu einer Sommer-Rodelbahn und Übernachtung im Mini-Camper direkt am Rheinufer machten und eine Kirmes in der Nähe besuchten, verteilt auf die letzten Tage. Der jetzige Dienstag wird etwas ruhiger werden, da besorgen wir noch die letzten Utensilien für die Fahrt zum und mit dem Boot, zunächst Mittwoch nach Straßburg in eine Jugendherberge und Donnerstag Vormittag nach Kehl in den Hafen, wo das Boot mit dem LKW an- und mit dem Kran ins Wasser kommt, endlich. Es hat dann auch ein Gutes, damit in Westeuropa zu bleiben, nur eine halbe Tagesreise von mir zuhause entfernt, so dass ich es wohl noch vor dem Winter im Mittelmeer werde haben können. Nun ja, aber Vorstellungen und Realität, das habe ich hier ja gelernt, gehen oft sehr unterschiedliche Wege.
Was bleibt nun noch? Die Reise mit dem hochbetagten Freund wird so wie von mir angedacht stattfinden: 04.-08. August werde ich bei ihm sein, 09.-11. bei der Arbeit, 12.-17. wieder bei ihm. Mit einem neuen Anwalt kann noch kein weiterer Kontakt zustande, das muss ich weiterhin im Auge behalten.
Soweit...
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