Ich muss noch einmal auf die Relativität von Zeitempfindung eingehen, die sich fast schon wie ein Paradoxon anfühlt:
Es ist Donnerstag, eine weitere angenehm verlaufene Doppelschicht ging zuende und ich sitze in einem Café und ruhe mich aus, bevor einige wichtige Termine anstehen. Von den vielen Personen, die das Café passieren, erinnert mich eine an eine ehemalige Schülerin von mir. Ich überlege, was diese Schüler:innen heute wohl tun könnten, und erschrecke darüber, dass sie jetzt ungefähr 30 sein müssten, so alt, wie ich war, als ich sie hatte und sie ungefähr 15 Jahre alt waren. Die Zeit, die ich sie hatte, fühlt sich zwar nicht wie gestern, aber doch wie vorgestern an - seitdem habe ich durchaus drei bis vier andere Sachen gemacht. Dennoch, wenn ich mich zurückerinnere, als ich 15 war, sind in der Zeit, bis ich 30 war, gefühlt tausend Jahre vergangen und ich habe eine Million Dinge erlebt, oder anders gesagt, mit 15 war ich in einem komplett anderen Universum als mit 30, während ich jetzt nicht nur im gleichen Universum, sondern auch auf dem gleichen Planeten in der gleichen Stadt nur eine Straße weiter bin. Mit 15 war ich sehr naiv und lebte überwiegend in einer Traumwelt, "weltfremd" - das zog sich so noch bis zum Abitur und über die Wehrdienstzeit bis ins erste Studium und hatte sich auch im zweiten Studium mit Mitte/Ende 20 noch nicht abgebaut. Der Ernst des Lebens hatte mich wohl erst ab etwa 30 einigermaßen eingeholt, während ich noch bis heute große Teile von mir in einer gewissen naiven Traumwelt auslebe. Dennoch fanden zwischen 15 und 30 mehrere Zäsuren, danach bis heute gefühlt nur noch kleinere Entwicklungsschritte statt, was sich wohl unmittelbar auf das subjektive Zeitempfinden auswirkt. Übrigens ist die Phase von 0 bis 15 noch viel weiter entfernt: Während ich heute noch eine ungefähre Ahnung habe, wer ich mit 15 war, verschwimmt sie mir darüber, wer ich mit 10 war und ist quasi komplett unzugänglich, wer ich mit 5 war. Oder anknüpfend an obigen übertriebenen Vergleich: Während die verschiedenen Universen der gleichen Dimension und dem gleichen Zeitstrahl angehören, fand 0 bis 15 in ganz anderen Dimensionen und Zeitstrahlen statt.
Zeit ist subjektiv faszinierend und überraschend.
Zeit ist aber auch objektiv, physikalisch, faszinierend und überraschend, was damals Einstein dämmerte und ihn sein Leben lang beschäftigte. Hoffentlich beschäftigt sich mein Leben bald wieder intensiver mit Einstein, mindestens, um die Arbeit zur Relativitätstheorie endlich abzuschließen.
Inzwischen ist Sonntag, 20. Juli, und ich bin in einer weiteren Doppelschicht, die genauso unproblematisch verläuft, bislang, wie die von Dienstag auf Donnerstag. Morgen, Montag Vormittag, wird sie zuende sein, dann kommen zwei ziemlich stressige Tage auf mich zu mit meinem Bootstransport und im Anschluss danach die letzte Arbeitsschicht, dann nur 24h, im Juli und für mich, hoffentlich, eine schöne Bootsfahrt mit meinem Kind.
Vergangenen Dienstag brachte ich unter erschwerten Bedingungen mit Zugausfällen morgens auf meinem Weg zur Arbeit mein Kind zur Arbeit seiner Mutter, damit es mit ihr die neun Tage bis zum kommenden Donnerstag verbringt. Die Arbeit war, wie erwähnt, ohne Zwischenfälle auch deswegen wohl, weil die Klientin derzeit Schwierigkeiten mit mindestens zwei Kollegen von mir hat und sich deswegen auf mich freut und bei mir entspannt ist. Bei einem der Kollegen, der Donnerstag nach mir zur Ablösung kam, konnte ich beide bei einem klärenden Gespräch unterstützen, das schließlich positiv ausging.
Danach saß ich in dem Café, in welchem ich diesen Blogeintrag startete.
Bereits am Mittwoch vorher, von der Arbeit aus, während ich mit dem Hund Gassi ging, hatte ich eine Anwaltskanzlei für Erbrecht kontaktiert, von der ein Anwalt mich Donnerstag Mittag kontaktieren wollte. Dies geschah leider erst am Nachmittag für etwa eine Minute, dann wurde dieser Anwalt von einem zu früh erscheinenden Mandanten unterbrochen und musste das Telefonat beenden. Ich wollte dann mein Auto abholen, kam allerdings zu spät zur Werkstatt, so dass ich dies auf Freitag verschieben musste. Anschließend traf ich mich mit einer meiner Schwestern auf ein Feierabend-Radler, alkoholfrei, und machte dann noch eine Essensverteilung.
Für Freitag erwartete ich zwei Couchsurferinnen aus Korea, die für ein Auslandssemester in Deutschland waren, holte vorher meinen Wagen und ging in die Bibliothek, um Literatur für Drehbücher und Storyboards zu suchen, denn für meine Animationen wollte ich mich als Vorbereitung in die Thematik einlesen, über Dos und Don'ts erfahren und bald kleinere Clips zu bestimmten Themen vorbereiten, vielleicht sogar konkret dazu, wie eine Animation entsteht. Der Rechtsanwalt rief morgens noch einmal an: Er konnte sich vorstellen, meinen Fall zu übernehmen, allerdings hatte er erst in der zweiten Augustwoche Zeit für ein persönliches Gespräch, in der Zeit, in der ich mit dem hochbetagten Freund unterwegs sein wollte, und dann erst wieder Ende August. Ich notierte mir den Termin, war mir allerdings schon sicher, dass mir das viel zu spät sein würde, und rief später bei anderen Kanzleien an, auch in Stuttgart, da ich mit dem hochbetagten Freund und zu anderen Gelegenheiten in den nächsten Wochen häufiger dort sein würde.
Mit den Couchsurferinnen, die durch Bahnverspätungen erst am späten Abend kamen, machte ich eine amüsante Stadttour. Samstag Morgen verließen sie mich kurz bevor ich zur Arbeit ging, etwas müde, da nachts um 03:00 mein ehemaliger Langzeitgast mich mehrmals aus dem Schlaf klingelte: Er wollte Medikamente nehmen, die bei seinen Sachen waren. Vorher im Verlauf des Abends hatten mich seine Eltern aufgefordert (nicht gebeten), ihm Bescheid zu sagen, er möge bei ihnen anrufen, da seine Tante gestorben sei, aber nachts, müde und in nicht allerbester Laune ihm gegenüber wollte ich die ärgerliche Begegnung nicht auch noch in die Länge ziehen, sondern schnell wieder weiterschlafen können, um für die Arbeit halbwegs fit zu sein.
Nun ja, ich war zunächst etwas müde dort, aber zum Glück merkte es niemand. Der Hund hatte an diesem Tag Geburtstag, wurde zwei Jahre alt, und es wurde für ihn eine Party gefeiert. Der Partner der Klientin machte Cocktails aus Kokosnüssen und Sahne usw., von denen ich den Sonntag mit Magenverstimmung begann - wie ich dann erfuhr, ging es den anderen Partyteilnehmern ebenso. Der Sonntag verlief also etwas ruhiger. Am Nachmittag gingen die Klientin und ihr Partner zu Teilen seiner Familie für den Abend, während ich mit dem Hund das Haus hütete. Gerade sitze ich mit ihm draußen, die Sonne geht unter, und schreibe diesen Blogeintrag fertig.
Was ansteht, ist ja schon erwähnt: Bootstransport, Arbeit, Bootsfahrt. Am morgigen Montag werden sich wahrscheinlich ein paar Kanzleien bei mir zurückmelden, mal sehen, ob ich einen früheren Termin finden kann.
Soweit...
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