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Wir sind alle divers und normal.

Ich bin überzeugt, unser althergebrachtes, für normal gehaltenes Geschlechtersystem ist falsch:

Die Annahme, es gebe für den Menschen nur zwei biologische Geschlechter und er ist entweder das eine oder das andere ist schon eine falsche Prämisse.
Der Mensch ist Träger vieler verschiedener Eigenschaften, dazu gehören auch einige, die im Zusammenhang stehen mit Biologie und Geschlecht. Allerdings ist dies kein binärer Schalter, sondern folgendermaßen:
Es gibt die genetische Grundlage in XX und XY (aber bereits da gibt es schon Abweichungen), die dazu führen, vereinfacht gesagt, dass in der embryonalen Entwicklung entweder verstärkt Östrogen oder verstärkt Testosteron die Umgebung macht, in der sich bestimmte Teile der Physiognomie entwickeln. Allerdings gibt es da vollkommen natürlich biologische Schwankungen. Bei der einen Person soll ein Penis entwickelt werden, allerdings gibt es wenig Testosteron, also wird die Penisanlage vielleicht nur recht reduziert. Bei der anderen soll ein gebärfähiges Becken entwickelt werden, aber das Östrogen schwankt und das Becken wird etwas zu eng, wie gesagt, sehr vereinfacht gesagt. Und so gibt es eben sehr sehr viele Teile im Körper und in der embryonalen Entwicklung, die "geschlechtlich"/hormonell geprägt werden und eben gar nicht einheitlich sind, zB auch Muskelaufbau usw., und die betrifft natürlich auch diverse Gehirnareale. Und so kann es natürlich sein, dass für eine Person, die einen Penis hat, ein für die Identität relevantes Hirnareal in einer Östrogen-Umgebung entwickelt wird.
Nicht nur Trans- und non-binäre Menschen sind divers. Wir alle sind divers, wir alle sind non-binär. Es ist nur so, dass wir kulturell diese Schubladen, diese Label schaffen, denen wir Menschen zuordnen, auch uns selbst, und was dazu führt, dass wir oft gar nicht abwarten, dass eine Person uns ihre Identität mitteilt, sondern dass wir sie anhand unserer Label selbst beurteilen. Ich denke, wenn wir anerkennen, dass wir alle divers sind, also auch die vermeintlichen Cis-Menschen, die in ihrer Physiognomie ja offensichtlich sehr verschieden sind, und nicht nur diejenigen, bei denen die Verschiedenheit so etwas wie eine Abweichung von der vermeintlich binären Geschlechtsidentität betrifft, wenn wir also akzeptieren, dass vollkommen individuell und verschieden zu sein und die eigene Identität frei festzulegen ganz normal und im tiefsten Sinne menschlich ist, nehmen wir vielleicht auch einigen Menschen den Druck, sich durch irgendwelche medizinischen und operativen Eingriffe irgendwie an eine visuelle Erwartung anzupassen. Vielleicht werden die Kategorien Mann und Frau, Cis und Trans uvm. sogar hinfällig, weil es einfach nur Menschen gibt.

Was bedeutet denn Frau-Sein? Und was bedeutet Frau-Sein, was Mann-Sein (insbesondere heute, 2022) nicht genauso bedeuten kann? Was nützen diese Kategorien überhaupt, wenn sie keinen eindeutigen Inhalt haben? Natürlich kann jede Person sich als Frau oder als Mann oder als etwas anderes identifizieren. Wahrscheinlich muss sie aber trotzdem noch dazu sagen, was sie damit meint, wenn sie sich beispielsweise als Frau identifiziert.

Zur Situation von Schutzräumen: Es muss einfach Räume geben, die nicht nur durch räumliche Abgrenzung, sondern auch durch aktiv schützende Personen Schutz bieten, die aber offen stehen für alle diejenigen Personen, die meinen, dass sie Schutz bedürfen, vollkommen unabhängig von ihrer Physiognomie oder ihrer Identität (FLINTA mag zwar für viele ein passendes Konzept sein, ich denke allerdings, dass es keine an Merkmale gekoppelte Exklusivität geben sollte).
Umkleiden und Toiletten sollten in zwei Versionen vorkommen: Als größere, gemischte Sammelräume für alle und als mehrere für sich getrennte, gesicherte, autarke Einzelkabinen für diejenigen Personen, die aus welchen Gründen auch immer mit der gemischten Gruppe Schwierigkeiten haben.
Im Sport sollte es neue Klassen geben so ähnlich wie beim Boxen: Leicht-, Mittel- und Schwergewicht, wobei sowas wie BMI, Muskelmasse-Körperfett-Verhältnis, Größe usw. als Grundlage genommen werden, um Menschen mit ähnlichen körperlichen Grundvoraussetzungen unabhängig vom Geschlecht gegeneinander antreten zu lassen. Dann wird man, meine ich, auch schnell merken, dass der geglaubte Unterschied zwischen (nach gängiger Lesart) Männern und Frauen gar nicht so groß ist, dass also in vielen Bereichen (ngL) Männer und Frauen sich ziemlich überlappen in einem breiten Mittelfeld und dass nur an den Rändern einige, teils deutliche Unterschiede bestehen könnten.

Wir müssten dann allerdings konsequenterweise auch von unserem pronominalen System wegkommen. Derzeit erwartet unsere Sprache von uns, dass wir eine Person irgendwie entweder als er oder als sie adressieren. Eine davon neutrale Art gibt es nicht. Ich behelfe mir da oft so, auf die Frage nach meinen Pronomina, dass ich möchte, dass man sie ganz umgeht, indem man mich als jene/that Person anspricht.

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