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Couchsurfer, mal die "spezielle Sorte"

Wer mich gut kennt, weiß, dass ich viele Gäste habe, weil ich einfach gerne Leute bei mir aufnehme und mich intensiv mit ihnen austausche.

Früher habe ich nicht so sehr darauf geachtet, da kann es also schon sein, dass da schon mal eine "seltsame Person" darunter war, aber 2019 waren es ziemlich viele Begegnungen auf CS, die mir das Gefühl hinterließen, dass das schon irgendwie seltsam war.

Es fing eigentlich schon 2018 an mit einer Person, die überaus freundlich und zuvorkommend und anhänglich war, eigentlich eine angenehme Gesellschaft, aber irgendwie auch ein bisschen zu viel, und immer irgendwie verzettelt usw. Diese Person kam Ende 2018 erneut zu mir und wir verbrachten im Kreise anderer Freunde von mir ein angenehmes Silvesterfest. Mich beschlich allerdings mehr und mehr der Verdacht, dass die großtrabenden Geschichten, die diese Person mir von sich und deren beruflichen Aufgaben erzählte, irgendwie nicht so ganz mit der Realität übereinstimmen könnten, und eine Googlerecherche konnte auch nichts hervorbringen, was sie bestätigte, obwohl das eigentlich eindeutig hätte so sein müssen. Mit Freunden, die diese Person auch kennen gelernt hatten, kam ich überein, dass diese Person wohl eine größere Persönlichkeits- und Wahrnehmungsstörung haben könnte und im Zuge dieser Störung sich selbst und die Welt so sieht, wie sie eigentlich nicht ist. Aus Schilderungen dieser Person über ihr früheres Leben wurde auch schnell klar, dass da einige tiefe Wunden familiär und sozial passiert sein müssen...

Ebenfalls zum gleichen Silvester hatte ich ein Pärchen, bei dem mir recht schnell klar wurde, dass sie eigentlich auf der Straße leben mit allen möglichen Schwierigkeiten, die einem in einem solchen Leben widerfahren. Die erstgenannte Person war ja gleichzeitig bei mir und hatte große Panik wegen des Pärchens, fühlte sich bedroht usw.

Dann kam im Februar eine Person, die mir erzählte, sie sei erst vor wenigen Tagen überfallen worden war, weswegen alle ihre Papiere, Laptop usw. verloren seien. Sie bräuchte ein paar Tage Unterschlupf um alles nötige mit den Behörden zu klären und sich wieder ein Leben aufzubauen. Ich war natürlich bestürzt und nahm die Person gern bei mir auf. Schnell zeigten sich allerdings Ungereimtheiten, denn zum Einen soll wohl die halbe Welt eine Intrige gegen diese Person in die Wege geleitet haben, zum Anderen aber wollte sie aber nicht mit einem Bekannten von mir mit öffentlichem Einfluss zur Polizei gehen. Nach einer Woche bei mit hatte diese Person, die ich inzwischen ziemlich anstrengend fand, noch nichts an ihren Begebenheiten lösen können. Die Person duschte mindestens zweimal am Tag und verbrauchte in einer Woche meinen kompletten Handtuch-Vorrat von ca. 20 Handtüchern. Da ich hin und wieder Foodsharing mache oder containern gehe, lud ich die Person ein sich an meinen Vorräten zu bedienen - das tat sie dann auch, nahm aber immer nur die hochwertigsten von mir gekauften Sachen in großem Umfang, teilweise auch meine Alkoholika (Geschenke von anderen Gästen). Als also eine Woche vorbei war, suchte ich für ihn im CS-Freundeskreis in der Umgebung eine andere Bleibemöglichkeit und fand auch eine - ich schilderte einigermaßen, worauf sich dieser Freund von mir einlassen würde, er fand es aber angesichts der Notlage der Person vertretbar. Eine Woche später war diese Person wieder bei mir. Ich gab meine Zustimmung für eine weitere Woche und hoffte, dass doch nun nach drei Wochen die missliche Lage der Person sich würde einigermaßen lösen lassen - mindestens den Pass müsste die Person doch wieder bekommen können. Die Geschichten waren teils schauerlich, von Zwangsverabreichung von Drogen über Gewalt und eine hochrangige Anstellung in der Weltfinanz war da vieles dabei, was meine Neugier weckte zu recherchieren. Ich fand mindestens vier ältere CS-Profile der selben Person, in denen im Beschreibungstext sehr viel davon stand, was ich als Geschichten gehört hatte, aber da waren Pass und alle wichtigen Dokumente schon vor längerer, immer unterschiedlicher Zeit und Ort verloren gegangen, meistens gewaltsam, und ich dachte, die Person sei ein Hochstapler, der mit solchen Schauergeschichten das Mitleid der Menschen erschleicht und sich auf diese Weise quasi kostenlos durch verschiedene CS- und andere Wohngelegenheiten schwindelt. Ich erkundigte mich bei einigen seiner vorherigen Gastgeber und das Bild erhärtete sich: Jedes Mal war die Person wenige Tage vor der Ankunft überfallen und aller ihrer Papiere beraubt worden, und einige der vorherigen Gastgeber äußerten ihre Bestürzung, dass diese Person trotz deren aufwändiger, auch teilweise größerer finanzieller Hilfe ihre Angelegenheiten noch nicht lösen konnte. Ein ehemaliger Gastgeber allerdings klärte mich auf: Diese Person leidet an einer massiven Störung so ähnlich wie die Person im Film "Shutter Island" - sie sieht in kleinsten Details Verfolgung und Gewalt gegen sich selbst. Jede Polizei, die einfach nur die Straße entlang fährt, wird von der Person als auf der Suche nach ihr zum Ziel sie zu foltern gesehen usw., es gäbe auch längst eine Diagnose, verschriebene Tabletten, und ab und zu hat die Person auch stabile Momente, wenn sie die Tabletten nimmt, aber dann gibt es einen Moment, in dem die Tabletten vergessen oder als Vergiftung wahrgenommen werden und dann kommt sie nicht mehr von allein aus der Spirale heraus; außerdem soll ein gewisser Wasserzwang/Waschzwang vorliegen, ich fand an verschiedenen Stellen in meiner Wohnung halbvolle stehen gelassene Wassergläser, teils mit kleinen Wasserlachen daneben, und der ehemalige Gastgeber meinte, das sei Teil dieses Wasserzwangs. Es spräche vieles dafür, dass diese Person in ihrer Kindheit und Jugend schlimmstes durchgemacht haben könnte. Ich wurde dann auch noch von anderen Leuten kontaktiert, die Gastgeber dieser Person waren, eine Gastgeberin besuchte mich sogar um mit mir die Sache zu besprechen. Hin und wieder kontaktiert mich die Person, ich lehne aber immer ab und verweise auf die zu nehmenden Tabletten, was dazu führt, dass ich Schimpftiraden bekomme und wieder geblockt werde.

Dann kam im Frühling eine Person, die sehr still und höflich war, bis spät am Tag schlief, dann das Haus verließ und erst spät in der Nacht wiederkam. Gespräche fanden nur wenig statt, insbesondere wurde nicht kommuniziert, wann wer in der Wohnung ist. Die Person war wenig auffällig, lebte zurückgezogen, aber zeigte, wenn sie für sich allein und unbeobachtet war, einige Ticks so ähnlich wie Tourette oder eine gespaltene Persönlichkeit; die Person zeigte dann teils heftige Selbstgespräche in einer fremden Sprache, schlug sich an den Kopf und so. Wenn man mit ihr sprach, war sie stets freundlich, wiederholte aber einige Sätze immer wieder. Die Person blieb ein paar Tage, etwas mehr als ursprünglich angedacht, aber das sehe ich meistens nicht so eng. Die Person kam im Laufe des Jahres noch einmal mit ähnlichen Erfahrungen. Ich hatte keine großen Erwartungen an Austausch, fand aber auch nicht, dass ich die Person explizit nicht ein paar Tage bei mir wohnen lassen sollte. Dieses Jahr, 2020 im März, wollte die Person wieder kommen "für ein paar Tage". Dann brach Corona aus, es gab einen Lockdown und ich akzeptierte selbstverständlich, dass aus ein paar Tagen ein paar Wochen wurden. Aber nach zwei Monaten schließlich fragte ich mal vorsichtig, wie denn die weiteren Pläne seien, und es gab diffuse Antworten, Ausreden, Begründungen, warum die Person noch bleiben müsse, aber dann würde die Person eine andere Bleibe haben, nur Geduld. Dieser Tag X wurde mit immer anderen teils fadenscheinigen Begründungen weiter in die Zukunft verschoben, zuerst ans Ende der Osterferien, dann weiter, zuletzt ans Ende der Sommerferien, denn dann sei eine Gastgeberfamilie wieder bereit die Person bei sich aufzunehmen. Ich hatte mich darauf verlassen, dass mein Verweisen darauf zwei Wochen vor Ferienende genügend Zeit der Vorbereitung sei, aber bis heute ist diese Person nach über fünf Monaten immer noch bei mir. Vor einer Woche schrieb ich der Person eine Nachricht über CS, weil ich annehmen musste, dass meine gesprochenen Worte wohl missverstanden werden könnten, und schrieb dabei, dass ich in einer Woche, also heute, erwarte, dass die Person auszieht und sich eine Alternative sucht. Ich bin mal gespannt, noch ist heute ja nicht vorbei. Bei weiterer Missachtung werde ich darauf hinweisen, dass ich die Habseligkeiten der Person vor die Tür stelle - und dann werde ich den Schlüssel einkassieren, den ich der Person am Anfang der Zeit gab. Ich mag überdurchschnittlich geduldig und weich sein, aber irgendwann ist es auch mir zu viel.

Im Sommer 2019 kam eine Person zu mir, die ich von CS wegen einer Anfrage vor über einem Jahr kannte. Sie wollte mich treffen und einige Zeit mit mir verbringen und dabei meine Stadt kennen lernen. Es gab oft kurzfristige Absagen, weil irgendwas terminlich oder anderweitig nicht klappte, aber dann kam sie schließlich. Die Person wirkte direkt komisch, anstrengend, und sie brachte den Tag komplett durcheinander, den ich mit noch einer anderen Person verbringen wollte, die auch bei mir zu Gast war. Die anstrengende Person stellte uns dann einem ihrer Bekannten vor, der auch in der Stadt lebte, und führte uns in eine ziemlich schlimme Messi-Wohnung und bereitete uns ein ziemlich schlimmes Messi-Essen vor, was mein anderer Gast und ich nach einigem hoflichen Probieren dann dankend ablehnten. Eigentlich wollte die Person bei mir übernachten, doch schließlich blieb sie doch bei ihrem Bekannten, was ich nicht bedauerte. Am nächsten Tag wollte sie allerdings mit mir noch einen Ausflug zu einer anderen Bekannten machen. Ich gab ihr noch eine Chance und wir kamen zu einer anderen Person, ebenfalls krankhaft messi, krankhaft übergewichtig, in verwarlostem Zustand, sowohl die Wohnung als auch die Person. Ich war bestürzt, in welchen Zuständen Menschen sein können, wollte aber auch so schnell wie möglich von dort weg. Allerdings bin ich anscheinend so gut erzogen, dies nicht einfach so, sondern nach den Regeln des Besuchs zu tun, also irgendwie noch auszuhalten und abzuwarten, bis die anstrengende Person ihre Gespräche beendet hatte, und dann mit ihr wieder zurück in die Stadt zu gehen und sie zum Bahnhof zu begleiten um sie zu verabschieden - in Gedanken für ein Nimmerwiedersehen. Sie meinte einmal zwischendurch, dass sie nicht verstehen würde, wieso so viele ihrer Bekannten sie blockieren, den Kontakt abbrechen würden... nun ja, ich tat dies nicht, aber wenn seitdem weitere Kontaktanfragen von dieser Person kamen, zeigte ich mich beschäftigt, nicht in der Lage sie aufzunehmen usw.

Im Herbst 2019 kam eine Person zu mir, ebenfalls als ich einige andere Gäste hatte, und diese Person machte bereits im Vorfeld ihrer Anfrage klar, dass sie etwas speziell sei, empfindlich, sich schnell verletzt oder zurückgewiesen fühle usw. Die Person sagte dies nicht unbedingt in so selbstreflektierter Weise, aber die Art und Weise, wie sie mit mir kommunizierte, zeigte vieles bereits zwischen den Zeilen. Ich dachte, in der rauen Welt da draußen bin ich womöglich kuschlig weich, also brauchte die Person wohl bei mir auch keine weiteren Bedenken zu haben, bei mir darf jede Person so erscheinen wie sie ist. Diese Person, als sie dann kam, zeigte sich auch etwas anstrengend, forderte Aufmerksamkeit für sich ein, war als erwachsene Person anhänglich wie ein Kind, aber ansonsten höflich und freundlich. Man konnte angenehm mit der Person kommunizieren, solange man ihr nicht widersprach, bekam aber auch häufig in Alltagssituationen die deutliche Unsicherheit der Person zu spüren. Aus Gesprächen erfuhr ich, dass diese Person wohl ähnlich wie andere in diesem Erfahrungsbericht schlimme Tragödien in der Kindheit und im jungen Erwachsenenalter durchgemacht haben muss. Diese Person fühlte sich wohl ziemlich wohl bei mir, zeigt sich weiterhin anhänglich und möchte gerne häufiger Zeit mit mir verbringen. Im Vergleich zu den meisten anderen geschilderten Erfahrungen hätte ich tatsächlich bei dieser Person nicht die allergrößten Bedenken. Das "Anstrengungs-Potential" ist mir bekannt, überschaubar und man kann sich darauf einstellen. Und sind wir nicht alle einfach nur Menschen, die gerne irgendwo ankommen wollen ohne Ablehnung zu erfahren?

Irgendwie, finde ich, darf es auch mal ein bisschen genug sein, insbesondere, weil ich eine Herausforderung aktuell ja noch zu lösen habe.

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