(Andere, frühere Reiseberichte erschienen auf Englisch in eigenen Blogs und sind von dieser Zählung ausgenommen.)
30.08.: Duisburg und Osnabrück
Eigentlich wollte ich schon am 27. oder 28. los, doch ergab es sich kurzfristig, dass ich eine Racer-Cruiser-Yacht, eine Jeanneau Selection 37, in Duisburg würde anschauen können, was erst am Montag möglich war, weil die Bootswerft erst da wieder geöffnet hatte. Mit Studi-Ticket ging es ohne Überraschungen nach Duisburg, die Yacht stand da auch, allerdings erschien mir ihr Preis deutlich zu hoch und er Arbeitsaufwand allein schon an Rumpf und Kiel deutlich umfangreicher, als das Angebot suggerierte. Es schien so, dass sie wohl schon mal unter Wasser gewesen sein müsse, so dass mit noch weiteren, unvorhersehbaren und kostspieligen Reparaturen zu rechnen war. Außerdem wurde ich belehrt, dass ein 7/8-Rigg mit Running Backstays für Anfänger nicht empfehlenswert sei. Auch wenn es also interessant war sie zu besichtigen, war doch schnell klar, dass dies nichts für mich sein würde. Ich reiste also abends weiter mit meinem Ticket Richtung Dortmund und dort zur Autobahnraststätte Lichtendorf an der A1, um einen Lift nach Bremen zu bekommen. Das klappte auch recht gut, also halbwegs. Zwar hatte ich einige Wartezeit zuerst in Lichtendorf und dann beim Umsteigen in Münster, doch schließlich kam ich abends bis ins Tecklenburger Land in der Gegend von Osnabrück. Von da aus versuchte ich zwar noch weiter nach Bremen zu kommen, denn eine Couchsurfing-Zusage hatte ich bereits, doch war mir dafür an diesem Abend kein Glück beschieden, und so verließ ich die Raststätte für ein nahegelegenes Waldstück, in welchem ich unter sternklarem Nachthimmel mein Zelt aufbaute und eine ruhige, wenn auch aufgrund zu sommerlich-optimistischer Ausrüstung teils kühle Nacht verbrachte.
31.08. - 01.09.: Bremen
Ab 3:00/4:00 Uhr in der Nacht waren meine Picknickdecke und mein Sommerschlafsack nicht mehr warm genug, so dass ich wach wurde und mit zusätzlichen Textilien nachhelfen musste. Am folgenden Morgen ging es schnell, einen Lift nach Bremen im Süden zu finden, und dort frühstückte ich und nahm eine Straßenbahn in die Innenstadt, so dass ich vormittags bei meinen Gastgebern war, die mich in ihr veganes, reichhaltiges Mittagsmahl einbezogen. Den Nachmittag und Abend verbrachte ich mit einem ausführlichen Spaziergang durch die Stadt, u.a. entlang der Weser, um im Yachthafen neben dem Weserstadion nach Booten zu schauen. Am späteren Abend kam ich zu meinen Gastgebern zurück, die inzwischen noch einen weiteren Gast hatten, einen jungen, sportlichen Rennradfahrer aus Tschechien, der ohne Weiteres 200km am Tag radelte und entsprechend nur spartanisches Gepäck an seinem Carbonrad dabei hatte - davon war ich durchaus ziemlich beeindruckt. Am folgenden Tag besuchte ich einen langjährigen Freund und Kapitän im abgelegenen Norden von Bremen u.a. auch, um seinen professionellen Rat in Bootsfragen einzuholen. Mit ihm radelte ich zum nahen Bootshafen, wir tauschten uns intensiv aus über Boote, Segler und darüber, was alles passiert war in den Jahren, die wir uns nicht sahen, und beschlossen uns häufiger zu sehen und auszutauschen. Am späten Abend kam ich wieder zu meinen Gastgebern zurück, wir verbrachten das Abendessen gemeinsam und sie bezogen mich in die Planung eines humanitären Projekts im Senegal ein. Am nächsten Tag wollte ich von Bremen aus nach Wilhelmshaven trampen, hatte auch schon ganz im Westen der Stadt eine Tankstelle in Richtung der Autobahn ausgemacht, die ich als Startpunkt erreichen wollte. Für einen Moment zog ich noch in Betracht, vorher nach Bremerhaven zu fahren. Für beide Städte hatte ich erfolglos auf Couchsurfing inseriert, so dass es eher eine Fahrt ins Ungewisse werden würde.
02.09.: Papenburg
Am späten Vormittag machte ich mich auf den Weg. Gleichzeitig versuchte ich einen Seglerkontakt meines Freundes zu erreichen, doch ohne Erfolg. Nach kurzer Zeit hatte ich einen Lift von besagter Tankstelle aus Richtung Oldenburg. Der russische Fahrer konnte mich davon überzeugen mit ihm über Oldenburg hinaus in Richtung Papenburg zu fahren, weil dort eine große Schiffswerft sei und außerdem die Option bestünde, doch noch in die Niederlande bis zum Ijsselmeer zu kommen. Letztenendes ließ er mich wenige Kilometer hinter Oldenburg quasi mitten in der Pampa raus und ich musste erstmal schauen, wie ich wieder in Fahrt kommen würde. Eine Frau konnte mich etwa 5km weiter mitnehmen, dann kam ein Mann, der mich bis Papenburg mitnahm und mir seine Stadt vorstellte. Als ich ihm von meinen Segelplänen erzählte, vermittelte er mir den Kontakt eines Bekannten, der ein Segelboot verkaufen wollte und sich daher am Folgetag mit mir würde treffen wollen. Also brauchte ich eine spontane Übernachtungsmöglichkeit dort, die ich bis zum Abend auch finden konnte, nachdem ich mir das durchaus hübsche Kanalstädtchen angesehen hatte. Die Gastgeber waren eine junge Familie, Eltern in meinem, Kinder im Grundschulalter, die sich ein komfortables Heim gebaut hatten in der Nähe besagter Bootswerft, an der sie arbeiteten und in deren Nähe auch die Bootsbesichtigung stattfinden sollte. Abends noch, nachdem sie mir ihre Werft gezeigt hatten, führten mich die Eltern ein in eines ihrer Projekte, bei dem es um inklusive Spielplätze und -Geräte ging, von dem ich so begeistert war, dass ich ihnen gerne weitere Kontaktmöglichkeiten vermittelte. Außerdem fand ich über einen Kleinanzeigenmarkt ein günstiges Fahrrad, das ich am Folgetag zu erwerben gedachte, nach der Bootsbesichtigung. Nach dem Frühstück besuchte ich erneut die Werft, dieses Mal bei Tageslicht, und wie schon die Tage zuvor in ein Telefonat vertieft mit einem langjährigen Couchsurfing-Freund aus Portugal, der ähnlich wie ich ins Segeln vernarrt ist. Bei der Bootsbesichtigung ging es um eine alte Stahlyacht, eine Vanguard im 8m-Bereich, die vom Eigner tadellos und hochwertig aufbereitet wurde u.a. mit rostfreiem Stahl in der Reling und mit einer äußerst praktischen Mastlegevorrichtung. Leider war die Preisvorstellung des Eigners, so sehr sie gerechtfertigt war, weit außerhalb meines Budgets. Zudem war mir die Yacht auch ein bisschen zu klein. Anschließend mit dem günstigen Fahrrad, auf dem ich nur mit Mühe meinen großen, schweren Rucksack unterbringen konnte, ging es gemütlich den Emsdeich entlang Richtung Leer. Wilhelmshaven wie auch die Niederlande hatte ich abgeschrieben, die würde ich später besuchen, doch mittlerweile wollte ich mich lieber mit Zeit dieser Region und ihren Menschen widmen, gemütlich und ohne Eile weiter nach Booten suchen und mich auch allgemein mehr auf meinen baldigen Arbeitseinsatz in Norddeich vorbereiten. Immerhin hatte ich ja zugesichert, mich bei etwaigen Zwischenfällen im Vorfeld bereits in der Nähe zu halten. Und Ostfriesland lässt sich gut mit dem Rad erfahren.
03. und 04.09.: Leer
Die Radfahrt nach Leer ging ohne Zwischenfälle. Lediglich nach etwas mehr als einem Kilometer wollte ich meinen Rucksack doch vom Rücken auf den Gepäckträger schnallen, allerdings ist das bei einem großen, schweren Trekkingrucksack gar nicht so einfach. Zuerst konnte ich ihn umständlich der Länge nach nach hinten anbringen, mit deutlichem Übergewicht nach hinten. Das war mir nach etwa drei weiteren Kilometern nicht mehr geheuer, so dass ich versuchte, ihn aufrecht nach oben zu setzen. Da war es zwar noch schwieriger, ihn zu fixieren, aber als ich ihn im oberen Teil auch um meine Hüfte band, war es schließlich ganz gut möglich. In dieser Art befestigte ich ihn auch immer wieder neu für die restliche Tour. Die weitere Fahrt bis Leer hatte ich schönen Sonnenschein und eine leichte erfrischende Brise, so dass sich alles unverschämt gut nach Urlaub anfühlte. Am Emsdeich entlang durch das Flachland, immer wieder an Kanälen, Feldern, Weiden und einzelnen Bauernhöfen vorbei, in gemütlichem Tempo mit dem Fahrrad, das war herrlich. Und auch als ich Leer erreichte, die Boote sah und die typischen ostfriesischen Häuser, steigerte dies nur mein Wohlgefühl. Leer besuchte ich zum ersten Mal und war begeistert, wie hübsch die Altstadt gehalten war. Hier wollte ich zwei Tage bleiben und viel besichtigen. Ich suchte also einen Platz für mein Zelt und fand einen in einem kleinen Waldstück jenseits der Autobahn, wo ich mich von außen unsichtbar perfekt einrichten konnte. Die Nacht war, wie bereits beschrieben, etwas frisch, doch konnte ich mich dennoch am nächsten Tag gut ausgeruht mit dem Fahrrad ohne Gepäck der Stadt widmen. Außerdem suchte ich noch eine Marina auf um mir Boote anzuschauen und mit den Seglern in Kontakt zu kommen. Letztlich blieb ich dort für über eine Stunde und hatte mehrere fruchtbare Gespräche. Am Tag darauf, nachdem ich wieder alles gut und sicher verpackt und verzurrt hatte, ging es weiter nach Emden. Auf dem Weg durch die Dörfer entdeckte ich hier und da eine kleine Marina - in einer saßen gezeitenbedingt die Boote auf dem Schlick - und fand tatsächlich ein Boot, das von seinen Eigenschaften sehr gut zu meinen inzwischen angepassten Vorstellungen passte: eine Hurley 30, Baujahr 1974 in gutem Zustand, segelfertig, aber seit etwa einem Jahr auf dem Trockenen. Der Eigner hatte seine Nummer hinterlassen, ein Rentner von inzwischen über 80 Jahren, der sie gut gepflegt hatte, aber altersbedingt nun nicht mehr zum Segeln kam. Ich beschloss, da mal weiter in Kontakt zu bleiben, und fuhr erstmal weiter nach Emden.
05.09.: Emden
Je weiter ich nach Emden hinein kam, umso weniger gefiel mir die Stadt. Viele Straßenzüge und Architektur erinnerten mehr an soziale Brennpunkte, waren heruntergekommen, Betonwüste und vernachlässigt. Mehrere schiffbare Kanäle führten bis ins Stadtzentrum, was mir gefiel, vor allem, weil in ihnen schwere Traditionssegler festgemacht lagen. Auch gab es im Stadtzentrum das eine oder andere historische Gebäude mit durchaus interessanter Architektur, doch auch deren Zustand wirkte oft renovierungsbedürftig. Ich kam abends in die Stadt, fixierte mein Rad mitsamt Gepäck an einem öffentlichen Platz und suchte eine günstige Gelegenheit auf, wo ich zum Einen zu Abend essen und zum Anderen meine elektronischen Mediengeräte wieder aufladen konnte. Nachdem dies erledigt war, suchte ich noch eine abgelegene Übernachtungsmöglichkeit für mein Zelt und fand etwas wieder in der Nähe der Autobahn in einem aufgegebenen Feldweg. Am nächsten Morgen fuhr ich noch einmal in die Stadt, da ich recherchiert hatte, dass es mehrere Bootswerkstätten und Marinae in Emden gab, und denen wollte ich einen Besuch abstatten. Zuerst fand ich eine recht große Bootswerkstatt, in der ich diverse reparaturbedürftige Stahlyachten direkt hätte kaufen können, allerdings für einen mir ungerechtfertigt hoch erscheinenden Preis bei zu aufwändigen Reparaturen. Weiter machte ich mich auf zu einer Marina, doch das war eine Sackgasse, denn da war niemand bereit sich mit mir auszutauschen, und etwas entmutigt machte ich mich auf zu einer weiteren, noch kleineren Marina. Ausgerechnet diese entpuppte sich für mich mit hohem Potential: ein kleiner Familienbetrieb derart, dass man auch mal fünfe gerade sein lassen würde, wo jede:r so an seinem Bootprojekt würde schrauben können wie beliebt, zu günstigen Konditionen, mit der Möglichkeit, reparaturbedürftige Bootprojekte für günstiges Geld zu übernehmen, und es gab sehr vielseitige Bootprojekte, neben üblichen Yachten auch alte, spannende Kata- und Trimarane - hier war ich gewiss nicht zum letzten Mal, insbesondere, falls das mit der Hurley sich wünschenswert entwickeln würde. Mit deutlich gehobener Stimmung machte ich mich nun daran, meine Tour nach Norden fortzusetzen. In Norden hatte ich eine Couchsurfing-Gelegenheit, für die ich gebeten wurde, wegen abendlicher Termine spätestens um 19:00 Uhr einzutreffen, und ich wollte nicht unbedingt den kürzesten Weg entlang der Bundesstraßen radeln, sondern lieber abseits davon Marinas, Dörfer und Windmühlen anschauen, daher war nun geboten so langsam in Fahrt zu kommen.
06. - 08.09.: Norden
Ich radelte also mit vollem Gepäck los, besuchte noch eine schöne Windmühle in Emden, besorgte mir unterwegs Frühstück und weiteren Proviant und verließ kurz nachdem ich aus Emden heraus war und einen schiefen Kirchturm passiert hatte die Hauptstraße um Richtung "Großes Meer" zu kommen. Dort wollte ich zur Kaffeezeit picknicken. Danach wollte ich noch einen kleinen Umweg über Moordorf machen, denn dort hatte ich vor Jahren ein Schulpraktikum verbracht. Nun war es dadurch so spät geworden, dass ich in die Pedale treten und Tempo machen musste um den Couchsurfing-Termin einhalten zu können. Letztlich gelang mir das und ich wurde warmherzig und gut umsorgt aufgenommen. Bei der Familie verbrachte ich drei Nächte bis zu meinem Arbeitseinsatz. Tagsüber erkundigte ich teils den Ort Norden wie auch seinen Ortsteil Norddeich, doch wollte ich mich auch gern für die Familie nützlich machen und half also im Garten und bei Vorbereitungen für ein Oldtimertreffen, das von ihr ausgerichtet werden sollte, zB beim Aufhängen der Wegweiser entlang der Strecke. Hierbei kam ich auch noch einmal nach Papenburg, ans Ems-Sperrwerk, über die schmalste Brücke und zum Otto-Leuchtturm. Außerdem war es herzerfrischend, die Warmherzigkeit der Familie untereinander wahrzunehmen. Ich möchte diesen Kontakt gerne weiter aufrecht erhalten.
09. - 13.09.: Norddeich
Zum Dienstbeginn war ich rechtzeitig da. Ich bekam ein eigenes Gästezimmer und war fortan für fünf Tage für die Klientin verfügbar, wenn sie an den Strand, in Restaurants oder auf Ausflüge wollte, abgesehen von der allgemeinen Pflege, wobei es öfter Situationen gab, in denen sie gerne mit ihrem Partner allein bleiben wollte. In diesen Tagen ging es recht ruhig für mich zu. In der Freizeit beschäftigte ich mich viel mit der "Nomade des Mers", deren Episoden ich bei mir hatte, und wünschte mir, alsbald mit Low-Tech-Projekten wie Trockentrenntoilette, Biodiesel, Pedalbohrer usw. selbst loslegen zu können. Die Heimfahrt schließlich zog sich über längere Zeit als geplant durch mehrere Staus und dadurch, dass wir, um den Stau zu vermeiden, über Bundes- und Landstraßen fuhren. Dennoch kamen wir schließlich sicher zuhause an, wo bereits die Ablösung mit leckerem Essen wartete.
30.08.: Duisburg und Osnabrück
Eigentlich wollte ich schon am 27. oder 28. los, doch ergab es sich kurzfristig, dass ich eine Racer-Cruiser-Yacht, eine Jeanneau Selection 37, in Duisburg würde anschauen können, was erst am Montag möglich war, weil die Bootswerft erst da wieder geöffnet hatte. Mit Studi-Ticket ging es ohne Überraschungen nach Duisburg, die Yacht stand da auch, allerdings erschien mir ihr Preis deutlich zu hoch und er Arbeitsaufwand allein schon an Rumpf und Kiel deutlich umfangreicher, als das Angebot suggerierte. Es schien so, dass sie wohl schon mal unter Wasser gewesen sein müsse, so dass mit noch weiteren, unvorhersehbaren und kostspieligen Reparaturen zu rechnen war. Außerdem wurde ich belehrt, dass ein 7/8-Rigg mit Running Backstays für Anfänger nicht empfehlenswert sei. Auch wenn es also interessant war sie zu besichtigen, war doch schnell klar, dass dies nichts für mich sein würde. Ich reiste also abends weiter mit meinem Ticket Richtung Dortmund und dort zur Autobahnraststätte Lichtendorf an der A1, um einen Lift nach Bremen zu bekommen. Das klappte auch recht gut, also halbwegs. Zwar hatte ich einige Wartezeit zuerst in Lichtendorf und dann beim Umsteigen in Münster, doch schließlich kam ich abends bis ins Tecklenburger Land in der Gegend von Osnabrück. Von da aus versuchte ich zwar noch weiter nach Bremen zu kommen, denn eine Couchsurfing-Zusage hatte ich bereits, doch war mir dafür an diesem Abend kein Glück beschieden, und so verließ ich die Raststätte für ein nahegelegenes Waldstück, in welchem ich unter sternklarem Nachthimmel mein Zelt aufbaute und eine ruhige, wenn auch aufgrund zu sommerlich-optimistischer Ausrüstung teils kühle Nacht verbrachte.
31.08. - 01.09.: Bremen
Ab 3:00/4:00 Uhr in der Nacht waren meine Picknickdecke und mein Sommerschlafsack nicht mehr warm genug, so dass ich wach wurde und mit zusätzlichen Textilien nachhelfen musste. Am folgenden Morgen ging es schnell, einen Lift nach Bremen im Süden zu finden, und dort frühstückte ich und nahm eine Straßenbahn in die Innenstadt, so dass ich vormittags bei meinen Gastgebern war, die mich in ihr veganes, reichhaltiges Mittagsmahl einbezogen. Den Nachmittag und Abend verbrachte ich mit einem ausführlichen Spaziergang durch die Stadt, u.a. entlang der Weser, um im Yachthafen neben dem Weserstadion nach Booten zu schauen. Am späteren Abend kam ich zu meinen Gastgebern zurück, die inzwischen noch einen weiteren Gast hatten, einen jungen, sportlichen Rennradfahrer aus Tschechien, der ohne Weiteres 200km am Tag radelte und entsprechend nur spartanisches Gepäck an seinem Carbonrad dabei hatte - davon war ich durchaus ziemlich beeindruckt. Am folgenden Tag besuchte ich einen langjährigen Freund und Kapitän im abgelegenen Norden von Bremen u.a. auch, um seinen professionellen Rat in Bootsfragen einzuholen. Mit ihm radelte ich zum nahen Bootshafen, wir tauschten uns intensiv aus über Boote, Segler und darüber, was alles passiert war in den Jahren, die wir uns nicht sahen, und beschlossen uns häufiger zu sehen und auszutauschen. Am späten Abend kam ich wieder zu meinen Gastgebern zurück, wir verbrachten das Abendessen gemeinsam und sie bezogen mich in die Planung eines humanitären Projekts im Senegal ein. Am nächsten Tag wollte ich von Bremen aus nach Wilhelmshaven trampen, hatte auch schon ganz im Westen der Stadt eine Tankstelle in Richtung der Autobahn ausgemacht, die ich als Startpunkt erreichen wollte. Für einen Moment zog ich noch in Betracht, vorher nach Bremerhaven zu fahren. Für beide Städte hatte ich erfolglos auf Couchsurfing inseriert, so dass es eher eine Fahrt ins Ungewisse werden würde.
02.09.: Papenburg
Am späten Vormittag machte ich mich auf den Weg. Gleichzeitig versuchte ich einen Seglerkontakt meines Freundes zu erreichen, doch ohne Erfolg. Nach kurzer Zeit hatte ich einen Lift von besagter Tankstelle aus Richtung Oldenburg. Der russische Fahrer konnte mich davon überzeugen mit ihm über Oldenburg hinaus in Richtung Papenburg zu fahren, weil dort eine große Schiffswerft sei und außerdem die Option bestünde, doch noch in die Niederlande bis zum Ijsselmeer zu kommen. Letztenendes ließ er mich wenige Kilometer hinter Oldenburg quasi mitten in der Pampa raus und ich musste erstmal schauen, wie ich wieder in Fahrt kommen würde. Eine Frau konnte mich etwa 5km weiter mitnehmen, dann kam ein Mann, der mich bis Papenburg mitnahm und mir seine Stadt vorstellte. Als ich ihm von meinen Segelplänen erzählte, vermittelte er mir den Kontakt eines Bekannten, der ein Segelboot verkaufen wollte und sich daher am Folgetag mit mir würde treffen wollen. Also brauchte ich eine spontane Übernachtungsmöglichkeit dort, die ich bis zum Abend auch finden konnte, nachdem ich mir das durchaus hübsche Kanalstädtchen angesehen hatte. Die Gastgeber waren eine junge Familie, Eltern in meinem, Kinder im Grundschulalter, die sich ein komfortables Heim gebaut hatten in der Nähe besagter Bootswerft, an der sie arbeiteten und in deren Nähe auch die Bootsbesichtigung stattfinden sollte. Abends noch, nachdem sie mir ihre Werft gezeigt hatten, führten mich die Eltern ein in eines ihrer Projekte, bei dem es um inklusive Spielplätze und -Geräte ging, von dem ich so begeistert war, dass ich ihnen gerne weitere Kontaktmöglichkeiten vermittelte. Außerdem fand ich über einen Kleinanzeigenmarkt ein günstiges Fahrrad, das ich am Folgetag zu erwerben gedachte, nach der Bootsbesichtigung. Nach dem Frühstück besuchte ich erneut die Werft, dieses Mal bei Tageslicht, und wie schon die Tage zuvor in ein Telefonat vertieft mit einem langjährigen Couchsurfing-Freund aus Portugal, der ähnlich wie ich ins Segeln vernarrt ist. Bei der Bootsbesichtigung ging es um eine alte Stahlyacht, eine Vanguard im 8m-Bereich, die vom Eigner tadellos und hochwertig aufbereitet wurde u.a. mit rostfreiem Stahl in der Reling und mit einer äußerst praktischen Mastlegevorrichtung. Leider war die Preisvorstellung des Eigners, so sehr sie gerechtfertigt war, weit außerhalb meines Budgets. Zudem war mir die Yacht auch ein bisschen zu klein. Anschließend mit dem günstigen Fahrrad, auf dem ich nur mit Mühe meinen großen, schweren Rucksack unterbringen konnte, ging es gemütlich den Emsdeich entlang Richtung Leer. Wilhelmshaven wie auch die Niederlande hatte ich abgeschrieben, die würde ich später besuchen, doch mittlerweile wollte ich mich lieber mit Zeit dieser Region und ihren Menschen widmen, gemütlich und ohne Eile weiter nach Booten suchen und mich auch allgemein mehr auf meinen baldigen Arbeitseinsatz in Norddeich vorbereiten. Immerhin hatte ich ja zugesichert, mich bei etwaigen Zwischenfällen im Vorfeld bereits in der Nähe zu halten. Und Ostfriesland lässt sich gut mit dem Rad erfahren.
03. und 04.09.: Leer
Die Radfahrt nach Leer ging ohne Zwischenfälle. Lediglich nach etwas mehr als einem Kilometer wollte ich meinen Rucksack doch vom Rücken auf den Gepäckträger schnallen, allerdings ist das bei einem großen, schweren Trekkingrucksack gar nicht so einfach. Zuerst konnte ich ihn umständlich der Länge nach nach hinten anbringen, mit deutlichem Übergewicht nach hinten. Das war mir nach etwa drei weiteren Kilometern nicht mehr geheuer, so dass ich versuchte, ihn aufrecht nach oben zu setzen. Da war es zwar noch schwieriger, ihn zu fixieren, aber als ich ihn im oberen Teil auch um meine Hüfte band, war es schließlich ganz gut möglich. In dieser Art befestigte ich ihn auch immer wieder neu für die restliche Tour. Die weitere Fahrt bis Leer hatte ich schönen Sonnenschein und eine leichte erfrischende Brise, so dass sich alles unverschämt gut nach Urlaub anfühlte. Am Emsdeich entlang durch das Flachland, immer wieder an Kanälen, Feldern, Weiden und einzelnen Bauernhöfen vorbei, in gemütlichem Tempo mit dem Fahrrad, das war herrlich. Und auch als ich Leer erreichte, die Boote sah und die typischen ostfriesischen Häuser, steigerte dies nur mein Wohlgefühl. Leer besuchte ich zum ersten Mal und war begeistert, wie hübsch die Altstadt gehalten war. Hier wollte ich zwei Tage bleiben und viel besichtigen. Ich suchte also einen Platz für mein Zelt und fand einen in einem kleinen Waldstück jenseits der Autobahn, wo ich mich von außen unsichtbar perfekt einrichten konnte. Die Nacht war, wie bereits beschrieben, etwas frisch, doch konnte ich mich dennoch am nächsten Tag gut ausgeruht mit dem Fahrrad ohne Gepäck der Stadt widmen. Außerdem suchte ich noch eine Marina auf um mir Boote anzuschauen und mit den Seglern in Kontakt zu kommen. Letztlich blieb ich dort für über eine Stunde und hatte mehrere fruchtbare Gespräche. Am Tag darauf, nachdem ich wieder alles gut und sicher verpackt und verzurrt hatte, ging es weiter nach Emden. Auf dem Weg durch die Dörfer entdeckte ich hier und da eine kleine Marina - in einer saßen gezeitenbedingt die Boote auf dem Schlick - und fand tatsächlich ein Boot, das von seinen Eigenschaften sehr gut zu meinen inzwischen angepassten Vorstellungen passte: eine Hurley 30, Baujahr 1974 in gutem Zustand, segelfertig, aber seit etwa einem Jahr auf dem Trockenen. Der Eigner hatte seine Nummer hinterlassen, ein Rentner von inzwischen über 80 Jahren, der sie gut gepflegt hatte, aber altersbedingt nun nicht mehr zum Segeln kam. Ich beschloss, da mal weiter in Kontakt zu bleiben, und fuhr erstmal weiter nach Emden.
05.09.: Emden
Je weiter ich nach Emden hinein kam, umso weniger gefiel mir die Stadt. Viele Straßenzüge und Architektur erinnerten mehr an soziale Brennpunkte, waren heruntergekommen, Betonwüste und vernachlässigt. Mehrere schiffbare Kanäle führten bis ins Stadtzentrum, was mir gefiel, vor allem, weil in ihnen schwere Traditionssegler festgemacht lagen. Auch gab es im Stadtzentrum das eine oder andere historische Gebäude mit durchaus interessanter Architektur, doch auch deren Zustand wirkte oft renovierungsbedürftig. Ich kam abends in die Stadt, fixierte mein Rad mitsamt Gepäck an einem öffentlichen Platz und suchte eine günstige Gelegenheit auf, wo ich zum Einen zu Abend essen und zum Anderen meine elektronischen Mediengeräte wieder aufladen konnte. Nachdem dies erledigt war, suchte ich noch eine abgelegene Übernachtungsmöglichkeit für mein Zelt und fand etwas wieder in der Nähe der Autobahn in einem aufgegebenen Feldweg. Am nächsten Morgen fuhr ich noch einmal in die Stadt, da ich recherchiert hatte, dass es mehrere Bootswerkstätten und Marinae in Emden gab, und denen wollte ich einen Besuch abstatten. Zuerst fand ich eine recht große Bootswerkstatt, in der ich diverse reparaturbedürftige Stahlyachten direkt hätte kaufen können, allerdings für einen mir ungerechtfertigt hoch erscheinenden Preis bei zu aufwändigen Reparaturen. Weiter machte ich mich auf zu einer Marina, doch das war eine Sackgasse, denn da war niemand bereit sich mit mir auszutauschen, und etwas entmutigt machte ich mich auf zu einer weiteren, noch kleineren Marina. Ausgerechnet diese entpuppte sich für mich mit hohem Potential: ein kleiner Familienbetrieb derart, dass man auch mal fünfe gerade sein lassen würde, wo jede:r so an seinem Bootprojekt würde schrauben können wie beliebt, zu günstigen Konditionen, mit der Möglichkeit, reparaturbedürftige Bootprojekte für günstiges Geld zu übernehmen, und es gab sehr vielseitige Bootprojekte, neben üblichen Yachten auch alte, spannende Kata- und Trimarane - hier war ich gewiss nicht zum letzten Mal, insbesondere, falls das mit der Hurley sich wünschenswert entwickeln würde. Mit deutlich gehobener Stimmung machte ich mich nun daran, meine Tour nach Norden fortzusetzen. In Norden hatte ich eine Couchsurfing-Gelegenheit, für die ich gebeten wurde, wegen abendlicher Termine spätestens um 19:00 Uhr einzutreffen, und ich wollte nicht unbedingt den kürzesten Weg entlang der Bundesstraßen radeln, sondern lieber abseits davon Marinas, Dörfer und Windmühlen anschauen, daher war nun geboten so langsam in Fahrt zu kommen.
06. - 08.09.: Norden
Ich radelte also mit vollem Gepäck los, besuchte noch eine schöne Windmühle in Emden, besorgte mir unterwegs Frühstück und weiteren Proviant und verließ kurz nachdem ich aus Emden heraus war und einen schiefen Kirchturm passiert hatte die Hauptstraße um Richtung "Großes Meer" zu kommen. Dort wollte ich zur Kaffeezeit picknicken. Danach wollte ich noch einen kleinen Umweg über Moordorf machen, denn dort hatte ich vor Jahren ein Schulpraktikum verbracht. Nun war es dadurch so spät geworden, dass ich in die Pedale treten und Tempo machen musste um den Couchsurfing-Termin einhalten zu können. Letztlich gelang mir das und ich wurde warmherzig und gut umsorgt aufgenommen. Bei der Familie verbrachte ich drei Nächte bis zu meinem Arbeitseinsatz. Tagsüber erkundigte ich teils den Ort Norden wie auch seinen Ortsteil Norddeich, doch wollte ich mich auch gern für die Familie nützlich machen und half also im Garten und bei Vorbereitungen für ein Oldtimertreffen, das von ihr ausgerichtet werden sollte, zB beim Aufhängen der Wegweiser entlang der Strecke. Hierbei kam ich auch noch einmal nach Papenburg, ans Ems-Sperrwerk, über die schmalste Brücke und zum Otto-Leuchtturm. Außerdem war es herzerfrischend, die Warmherzigkeit der Familie untereinander wahrzunehmen. Ich möchte diesen Kontakt gerne weiter aufrecht erhalten.
09. - 13.09.: Norddeich
Zum Dienstbeginn war ich rechtzeitig da. Ich bekam ein eigenes Gästezimmer und war fortan für fünf Tage für die Klientin verfügbar, wenn sie an den Strand, in Restaurants oder auf Ausflüge wollte, abgesehen von der allgemeinen Pflege, wobei es öfter Situationen gab, in denen sie gerne mit ihrem Partner allein bleiben wollte. In diesen Tagen ging es recht ruhig für mich zu. In der Freizeit beschäftigte ich mich viel mit der "Nomade des Mers", deren Episoden ich bei mir hatte, und wünschte mir, alsbald mit Low-Tech-Projekten wie Trockentrenntoilette, Biodiesel, Pedalbohrer usw. selbst loslegen zu können. Die Heimfahrt schließlich zog sich über längere Zeit als geplant durch mehrere Staus und dadurch, dass wir, um den Stau zu vermeiden, über Bundes- und Landstraßen fuhren. Dennoch kamen wir schließlich sicher zuhause an, wo bereits die Ablösung mit leckerem Essen wartete.
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