Direkt zum Hauptbereich

"...in der Zukunft" (2)

Auch eine politische Dimension lässt sich aus dieser Phrase ableiten.
Es gibt einerseits die Konservativen und die Pragmatischen, die tendenziell eher das Hier und Jetzt ergreifen, gestalten und bewahren wollen. Und es gibt die Ideologen und Utopisten, die Entwürfe irgendwelcher vermeintlich besserer Gesellschaften konstruieren und das Jetzt und Hier in diese Richtung hin entwickeln wollen, teilweise gegen den Widerstand der aktuellen Gesellschaft und teilweise mit Gewalt.
Man muss jedoch festhalten, dass es immer die Utopien waren, die Entwicklung gebracht haben, und zwar durch die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch. Und man muss auch festhalten, dass das Jetzt und Hier nicht stabil, unveränderlich ist, sondern im Gegenteil sich stets durch das Zutun der jeweils lebenden Menschen verändert, die sich in ihm ausdrücken.
Es kommt also vielmehr darauf an, ob man sich als Teil des Ganzen sehen will, mit einem kleinen Beitrag neben denjenigen der anderen Mitmenschen, oder ob man sich von der Gemeinschaft abtrennen und sie wie ein Produkt nach seinen eigenen Vorstellungen als Ganzes gestalten möchte, vielleicht ein bisschen wie in einem Gott-Modus, oder sagen wir besser Tyrannen-Modus.
In einer hochindividualisierten Gesellschaft scheint es mehr Menschen zweiterer Natur zu geben. Zumindest finde ich selbst in mir wahrscheinlich solche Tendenzen, diskutiere ich doch lieber im Hinblick darauf, wie eine gute Gesellschaft für alle Menschen zukünftig sein sollte, und entwerfe Utopien dafür, als dass ich gerne das Hier und Jetzt annehme und damit arbeite.
Und wahrscheinlich denke ich dabei auch hin und wieder mal daran, ob es nicht so etwas wie einen Reset-Knopf für die Gesellschaft geben könnte, den man bedienen und die Gesellschaft noch einmal neustarten könnte, unter viel besseren Rahmenbedingungen. Wahrscheinlich habe ich früher zu viel Lego gespielt, oder mit einer Märklin-Eisenbahn, oder Aufbau-Strategiespiele am Computer...
Wahrscheinlich zeige ich einen inflationären Gebrauch des Wortes "wahrscheinlich", und wahrscheinlich tu ich das nur, um nicht klipp und klar sagen zu müssen, wie etwas ist.
Wahrscheinlich bin und war ich schon länger etwas abseits der Gesellschaft, wahrscheinlich schon seit meiner Kindheit, und hatte daher schon länger eher die Perspektive "auf die Gesellschaft" als "inmitten der Gesellschaft".

Doch zurück zu einer Wendung des vorherigen Blogposts. Da schrieb ich ja, "dass die Träume, wenngleich auch inhaltlich auf andere Zeiten gerichtet, ein Phänomen des Jetzt und Hier sind". Dies möchte ich noch etwas entwickeln.
Als menschliche Ich-Wesen kennen wir immer und überall nur und ausschließlich das Jetzt und das Hier. Egal wo ich bin, es ist immer hier. Und egal wann ich etwas denke, es ist immer jetzt. Streng genommen muss man also sagen, dass sich nicht beweisen lässt, ob es etwas anderes als jetzt und hier überhaupt gibt. Denn immer und ausschließlich greife ich auf Bewusstseinsinhalte im Jetzt zurück. Manche dieser Bewusstseinsinhalte sind gelabelt als "gestern" oder als "woanders", aber dennoch ist all dies immer ein jetziges, hiesiges Phänomen, und ich habe keine Möglichkeit, das Jetzt und Hier zu verlassen um es zu überprüfen. Wenn ich also in Gedanken und Träumen abschweife, dann tu ich das ebenfalls nur im Jetzt und Hier, anders ist es mir gar nicht möglich.
Ich bin also gewissermaßen in einer Vorstellungswelt gefangen, in der es Vorstellungen von einem Jetzt und Hier, von einem Gestern und Morgen und einem Da und Dort gibt, aber alles dieses ist Teil meiner jetzt gerade in mir vorhandenen Vorstellungswelt.
Ich glaube und vertraue zwar darauf, dass es all dieses auch wirklich gibt genauso wie ich ja auch zu wissen glaube, dass andere Bereiche der Vorstellungswelt Traum, Illusion, Utopie, Irreales und Phantastisches zum Inhalt haben.
Aber wirklich zweifelsfrei wissen kann ich es nicht.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kynosarges 2409

Heute, am 03. Oktober, geht es nach langer Unterbrechung abends wieder mit der Arbeit los für eine Schicht von knapp 40 Stunden. Die Zeit, die für die Donaufahrt vorgesehen war, die wegen des Hochwassers ausfiel, überwiegend mit Nichtstun bzw. stark überwiegend mit Berieselung und Social-Media-Plattformen zu verbringen, das konnte einerseits zwar Tiefenentspannung bringen, hatte andererseits aber auch ungute, lähmende Auswirkungen, auf die ich weiter unten eingehen möchte nebst auf einige Konsequenzen daraus. Ganz untätig war ich allerdings nicht, denn zum Einen habe ich tatsächlich wie geplant die Steuererklärungen erledigt und warte auf deren Ergebnis, zum Anderen habe ich eine Vereinswebseite neu aufgesetzt und etliche Texte eingepflegt. Außerdem habe ich kleinere Forschungsarbeiten zum Velo-Proa gemacht und bin im Zusammenhang damit zu einigen neuen Ideen gekommen, zusätzlich auch noch zu einigen weiteren. Außerdem habe ich mir wieder Einstein vorgenommen, u.a, durch Ermunterung ei...

Sinn des Lebens erfüllen?

Heute bewegen mich mal wieder, wie tatsächlich häufiger, Gedanken darüber, ob und wenn ja wie eine Biografie gelingt - oder scheitert - und ob und wenn ja wie dies mit dem Sinn des Lebens zusammen hängt und zu jeder Zeit im Leben, mindestens im erwachsenen, beurteilt werden kann und durch wen. Große Fragen, aber einer dem vulnerablen Narzissmus verdächtigen Person vielleicht willkommen. Den Sinn des Lebens hatte ich schon an anderer Stelle versucht zu greifen. Ein älterer Artikel dazu in diesem Blog verweist eher auf den Versuch, göttlichen Sinn zu greifen und führt hier zu weit, daher versuche ich hier aus der Erinnerung zu umreißen, was ich meine: Das Leben im Sinne von belebten Prozessen in Form von Organismen lässt sich grob dazu herunterbrechen, dass sowohl jedes einzelne Lebewesen sich selbst (Selbsterhaltung) als auch die einer bestimmten Art durch Fortpflanzung (Arterhaltung) ihre Art und damit im Prinzip das Phänomen Leben sich selbst erhält. Dies gilt bereits für einfachste p...

Kynosarges 2411

Der Besuch beim hochbetagten Freund bzw. bei seiner Feier anlässlich seines 90. Geburtstags war schön. Weil er von vielen langjährigen Freunden umgeben war, bestand für mich nicht viel Zeit, ihm persönlich zu begegnen, aber wie er die Feierlichkeit musikalisch-künstlerisch gestaltete, das war schön, zum Nachdenken anregend, auch kreativ anregend für mich dergestalt, dass ich mir überlege, bei meiner Musik gelegentlich die Sonatenhauptsatzform zugrunde zu legen. Er spielte die schwierigsten Klaviersonaten von Liszt und Beethoven. Die zwei Doppelschichten verliefen quasi wie im Flug. Wohl waren sie etwas überschattet von einem Todesfall im näheren Kreis der zu pflegenden Person, aber abgesehen davon gab es keine besonderen Vorkommnisse. Mit Einstein kam ich in Bewegung, ich lese weiterhin meine bisherige Lieblingsbiografie über ihn und schreibe darauf aufbauend erste neue Textrümpfe: "Mich interessierten drei Punkte im Besonderen an Einsteins Leben und seiner Forschung: 1. Wie fand ...