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Kynosarges 2510

Inzwischen ist Dienstag, 03. Mai, und ich bin weder auf der Donau noch auf dem Boot. Die Suche nach einer Transportmöglichkeit hat sich weiterhin schwierig gestaltet, aber immerhin bin ich im Kontakt mit jemandem, der wohl eine Lösung anbieten kann. Allerdings fühle ich auch etwas Stress von mir genommen durch ein Gespräch mit dem einige Male genannten Ingenieur-Freund, der meinte, für die Zeit, die ich das Boot wegen meiner Arbeit irgendwo allein stehen lassen muss, kann ich doch eine Person meines Vertrauens auf dem Boot wohnen und auf alles achtgeben lassen, Bootsitting quasi; damit wäre ich nicht mehr auf ganz bestimmte Zeiträume angewiesen, sondern kann den Transport und auch einzelne Etappen zwischendurch schon während etwa vier freier Tage machen, teils sogar mit Kind. Natürlich muss ich nun auch noch so eine Person finden, aber dafür gibt es tatsächlich recht viele gute Möglichkeiten.
Des Weiteren ist mir die letzten Tage immer klarer geworden, dass mir ein Weg gefällt, der durchaus gesehen werden kann als eine Mischung aus Druitentum und Kynismus des Diogenes. Doch zunächst zum Rückblick über die letzten 15 Tage ab dem letzten Eintrag vom 19. Mai: 
Der 48h-Arbeitseinsatz verlief weitestgehend reibungslos bis zum 21., danach traf ich mich im Park mit einer Freundin, die mir sehr anregende Einblicke in das seelisch-geistige Geflecht von Zwischenmenschlichkeit, Spiritualität und Religion geben konnte, interessant auch deswegen, weil sie dabei auf ein Korsett aus analytischer Rationalität verzichten konnte, in welchem ich mich allzuoft gefangen fühle. Außerdem habe ich die vom Sperrmüll gesammelten Utensilien in einem ersten Schritt so bearbeitet, dass ich nun eine Matratze im Kombi-Camper habe, auf der sich bequem liegen lässt - für ein Unterbau-Gestell habe ich zwar auch Materialien besorgt, hielt es aber bislang noch nicht für notwendig, dieses zu bauen. Außerdem hatte ich mich für Mittwoch und Donnerstag für eine Verteilaktion eingetragen, wovon die am Mittwoch ausfiel; Donnerstag Abend allerdings klappte alles. Freitag Abend, nach der Teilnahme an einem Kindergeburtstag, kam fürs Wochenende wieder mein Kind zu mir. Samstag verbrachten wir wegen schlechten Wetters überwiegend im Haus, Sonntag waren wir im Schwimmbad wie am Wochenende davor und trafen uns danach mit jener Schwester von nach der Belgienreise. Da ich mehrere Schwestern habe: die nach mir nächstjüngere Schwester. Im Gespräch mit ihr kamen wir auf einen Punkt zu sprechen bezüglich Ausmaß an Freiheit: Je weniger Pflichten man hat, desto schwerer ist es oft, sich für etwas zu aktivieren, was nicht selten zu Trägheit und Einsamkeit führen kann. Klar kann man sich zu allen möglichen Aktivitäten "zwingen", aber wenn man aus diesen keine Erfüllung ziehen kann - oder zumindest glaubt, diese nicht daraus ziehen zu können - was soll man dann machen? Mich erinnerte dies an eine Aussage des Schauspielers Jim Carrey: Er wünschte sich, dass alle Menschen einmal die Erfahrung von Reichtum und Berühmtheit machen können, dann würden sie erkennen, dass dies nicht die Antwort ist. Ich bin mir sicher, dass er damit recht hat. Klar ist ein gewisser minimaler Wohlstand hilfreich im Gegensatz zu ökonomischer Not, und es schadet auch nicht bzw. liegt wohl sogar in unseren menschlichen Instinkten, dass wir eine gewisse Bekanntheit durch unsere guten Seiten zu erreichen versuchen im Gegensatz zu totalem Unbekanntsein oder Ächtung, doch letztlich sind wohl echte menschliche Begegnungen mit Personen, die sich für einen interessieren, die eigene Persönlichkeit gegenseitig wahrnehmen und gegenseitig Vertrauen schenken wollen wohl wichtiger und erfüllender als alles andere, denn auch in ökonomischer Not und sozialer Isoliertheit sind sie es, die uns stützen. Oder kurz gesagt: Letztlich geht es um Liebe.
Am Sonntag Abend, nachdem mein Kind wieder bei seiner Mutter war, traf ich mich mit besagtem Ingenieur-Freund am Rhein zum weiteren Austausch über die diversen Projekte, die er tatsächlich und ich ja meist nur theoretisch angingen, wobei er mir da die Idee zum Bootsitting gab; er war mit seinem neuen voll elektrischen Velomobil gekommen, für das er ja die Akkus selbst gebaut hatte - einen oder zwei Blogeinträge vorher hatte ich mich wohl darauf bezogen, als ich überlegte, wie ich am besten Akku-Zellen in Flaschen unterbringen könnte. Am Montag dann traf ich die spirituell-religiöse Freundin erneut - inzwischen war mein Gedanke stärker geworden, verschiedene Religionen und Weltanschauungen intensiver zu studieren und Gemeinsames zu finden. Schon in meiner Jugend empfand ich, dass "und Gott sprach: Es werde Licht" und "Urknall" nicht nur ungefähr, sondern ziemlich exakt dasselbe bedeuten, nur aus verschiedenem Hintergrund betrachtet, und inzwischen sehe ich dies an so vielen verschiedenen Elementen verschiedener Kulturen und Weltanschauungen, nicht zuletzt auch in der Anthroposophie. Wolf Dieter Storl, Ethnobotaniker und Kulturanthropologe, falls man das so nennen kann, hat solches bereits getan und referiert und schreibt Bücher darüber, von und über ihn lässt sich auf Youtube einiges finden, aber es gibt natürlich unzählige weitere Personen, an die man sich diesbezüglich wenden kann; Storl dachte ich für einen lehrreichen Austausch mal zu konsultieren, denn er hat mit verschiedenen First Nations in Nordamerika zu tun gehabt und viel zu den Kelten in ganz Europa studiert.
Überwiegend träge verbrachte ich die weiteren Tage der letzten Maiwoche, machte eine Verteilaktion, war gelegentlich in der Stadt unterwegs und fuhr schließlich Freitag Abend mit meinem Microcamper zu einem langjährigen Freund nach Mannheim. Weil ich wusste, dass er und seine Partnerin für alternative spirituell-weltanschauliche Wege offen sein würden, offenbarte ich ihnen meine neue, gar nicht einmal so neue, aber neuerdings mit hoffentlich mehr Ernsthaftigkeit und konkreter gefasste Weg-Suche, woraufhin sie mich mit Menschen auf ähnlichen Wegen in Kontakt bringen wollten. Ich übernachtete einmal in meinem Camper bei ihnen und fuhr am Samstag Abend für eine weitere Übernachtung in die Eifel und am Sonntag nach Hause. 
Was mir für meinen neuen alten Weg inzwischen nicht nur interessant sondern möglicherweise essentiell vorkommt ist, dass ich meistens schon früh morgens zwischen 06:00 und 07:00 wach werde, mich danach aber gerne einer au9 IIsführlichen luziden Traumphase hingebe, die ich bislang eher als unterhaltsames, halb-interaktives Traum-Schauspiel wahrgenommen habe und fortan auf ihr Potential für über- bzw. alternativ-sinnliche Wahrnehmung und Erfahrung untersuchen möchte. Außerdem gehe ich inzwischen bewusster, auch durch Anregung von Storl, häufiger in Wald und Chlorophyll "baden", heißt, mich deren Terpenen auszusetzen und deren für meinen Organismus interessanten Auswirkungen zu bekommen. 
Just in diesem Moment, wie ich in einem nahen Park in der Wiese unter Bäumen sitze und hieran schreibe, bekomme ich eine Nachricht von den Eltern meines ehemaligen Langzeitgastes. Sie fragen, ob ich ihn kontaktieren könne, da seine Mutter krank sei. Ich werde mich also gleich auf den Weg machen und nach ihm suchen. Gestern Abend nach einer weiteren Verteilaktion sah ich ihn noch an einer halb-verborgenen Stelle. Gleichzeitig werde ich diese Suche nach ihm mit Besorgungen kombinieren, denn für meine Microcamper hätte ich gerne eine Möglichkeit, mein Tablet in einer stabilen Halterung anzubringen sowie es aus dem Zigarettenanzünder aufladen zu können. Ich schreibe danach hier weiter.
Vier Stunden später habe ich ihn noch nicht gefunden, bin lediglich einer Person begegnet, die ihn kennt und ihm die Nachricht weitergeben wird und bei einer Anlaufstelle gewesen, wo man ihm auch bescheid sagen wird. Später am Abend gegen 21:00 Uhr werde ich noch einmal nach ihm dort schauen, wo ich ihn gestern zufällig sah. Bei möglichen Lösungen für Tablet und Auto habe ich noch nichts wirklich überzeugendes gefunden, werde mir aber wohl eine Halterung selbst bauen und aus zwei defekten Ladegeräten ein funktionierendes bauen. 
Für meine Velo-Proa gibt es kaum Neuigkeiten. Lediglich der etwas stärkere Fokus auf Druitentum im weitesten Sinne hat mich dazu gebracht, mich in Bezug auf nachhaltige Selbstversorgungskonzepte etwas mehr mit ChatGPT zu befassen und etwas zu entwickeln, was mich quasi überall Zucht von Insekten, Pflanzen, Microgreens und Kräutern betreiben und die übrige Biomasse, auch dank Trockentrenntoilette, zu sammeln und daraus fruchtbare Nahrungsquellen für alles zu generieren, auch dank Bokashi, einem gesunden Mikroorganismencocktail, und dabei Biogas aufzufangen, außerdem einen Solarkocher in einer Flasche zu entwickeln, alle Nahrungsmittel für mich zu dörren, zu zerkleinern, zu mahlen und als gesundes, optimales Nahrungspulver in Flaschen mitzunehmen. Unterwegs alle Organismen zu züchten, insbesondere mit kleinem Vehikel oder zu Fuß, erschien mir doch nur schwer möglich, daher würde ich dies an einem geeigneten Ort während zwei Wochen stationär auf Vorrat für zB ein Quartal anlegen, pulverisieren und so mitnehmen. Die Samen und die Insekteneier könnte ich dann für drei Monate später mitnehmen, wenn ich alles wieder neu ansetze. Die getrocknete Pulverform, so habe ich es verstanden, macht alles haltbar für ein Jahr und sogar länger. Fermentation wäre auch eine Möglichkeit für Haltbarkeit, doch wird die wegen viel Flüssigkeit schnell schwer zu transportieren. 
Für die Vehikel-Konzepte kamen noch Überlegungen hinzu, ob und wie ich das Mini-Kanu oder -Floß würde bauen, unterbringen und darauf wie auf einer Hängematte hoch genug in den Bäumen außer Reichweite großer Raubtiere würde schlafen können, am liebsten sogar zu zweit und in flacher, nicht gekrümmter Bananenform. So etwas wie eine Seilwinde würde ich benötigen, um mich etwa 4-5m in die Höhe in Sicherheit ziehen zu können. Allerdings wird oft der Schutz vor Belästigung durch Insekten deutlich wichtiger sein. Daran muss ich noch arbeiten, an Fliegennetze, diverse Düfte usw. denken.
Für die kommenden Tage steht an, meine Mutter zu besuchen, ab Samstag über das Pfingstwochenende eine beinahe viertägige Arbeitsschicht bis Mittwoch, dann bis zum Wochenende erstmal wieder frei, dann kommt mein Kind zu mir und gleichzeitig wegen einer Klimakonferenz bis zu drei Übernachtungsgäste aus aller Welt, die für etwa zwei Wochen bleiben werden, die Woche darauf ab Fronleichnam eine weitere dreitägige Arbeitsschicht bis Sonntag und am Wochenende darauf ist wieder mein Kind bei mir, dann ist der Juni auch vorbei.
In Bezug auf das Erbe warte ich bis Anfang nächster Woche auf eine Nachricht vom Anwalt der Witwe - ich konnte heute mit ihm telefonieren, ansonsten sollte ich endlich weitere 3x5-Elemente anfertigen und zu einem Floß oder Kanu verbauen und in nahegelegenen Gewässern testen, ich sollte die Sachen des ehemaligen Langzeitgastes in die Abstellkammer räumen, damit ich meinen Dachboden für einen der Konferenzteilnehmer anbieten kann, denn dorthin habe ich bislang die Sachen mir aus dem Weg geräumt, ich sollte mehr Waldbaden, etwas Sport machen und langsam Elemente aus Pflanzen- und Insektenzucht in Angriff nehmen. In puncto 5-Minuten-Projekte habe ich nicht täglich, aber doch hin und wieder in Teilen Ordnung geschaffen. Es ist zwar längst noch nicht gut, aber der Weg gefällt mir grundsätzlich. Außerdem hat mir mein Freund aus Mannheim zwei Steiner'sche Nebenübungen als Therapie empfohlen, um meine Willenskraft besser organisiert zu bekommen, nämlich täglich zur gleichen Zeit immer die gleiche sinnlose Aktion zu tun, zB die untere Hosennaht 1cm umzuschlagen, und zu einer weiteren Zeit einen zufälligen, ebenfalls nicht sinnvoll benötigten Gegenstand, also zB nichts, was mit meiner Velo-Proa zu tun hat, mir vorzustellen, bis ins Detail zu betrachten und zu überlegen, was damit zu tun sei. Ich werde beides mal in Angriff nehmen.
Soweit...

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